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Dienstag, 22. Oktober 2019

[Buchrezension] "Die Rosenzüchterin" von Charlotte Link



- blanvalet Verlag
- 2000 erschienen; 4. Auflage 2010
- 606 Seiten
- Originalsprache: Deutsch

Inhalt
Franca verlässt Berlin und reist nach Guernsey, wo sie sich im Rosenzüchterhaus einquartiert, um sich über ihre kriselnde Ehe klar zu werden. Nach und nach erfährt sie die Lebensgeschichte ihrer Gastgeberin Beatrice und deren Mitbewohnerin Helene. Diese führt zurück bis zur Besatzung der deutschen Truppen im Zweiten Weltkrieg auf Guernsey. Seit damals liegt ein Schatten auf dem Rosenzüchterhaus...

Meinung
Ich habe gut ins Buch gefunden, auch wenn ich ganz zu Beginn immer mal wieder die Namen in meinem Kopf sortieren musste. Aber nach ein paar Seiten war das kein Problem mehr. 

Es gibt zwei Zeitstränge, die Gegenwart und die Vergangenheit. Die Verbindung zwischen beiden Zeitebenen ist der Autorin ganz hervorragend gelungen durch einen eingebundenen Briefwechsel. Dadurch bin ich ohne Probleme in die Vergangenheit der Protagonisten abgetaucht. Ich mochte vom Schreibstil her beide Stränge, aber mich interessierte ein bisschen mehr, was "heute" geschieht und wie es weitergeht. 

Die Autorin analysiert u. a. die Beziehung von Franca und deren Ehemann anhand von Dialogen. So bekommt eine "langweilige Situation" wie ein Frühstück durch den Dialog der beiden eine gewisse Tiefe. Das hat mir sehr gut gefallen. Insgesamt mag ich den Schreibstil der Autorin wie gesagt sehr gerne. Ich habe bereits einige Bücher von ihr gelesen. Auch "Die Rosenzüchterin" hat für mich dann eine Sogwirkung entwickelt. Hätte ich nicht so viel nebenbei zu tun gehabt, hätte ich das Buch wahrscheinlich in wenigen Tagen verschlungen. Positiv fand ich auch, dass die Autorin viele interessante Themen anspricht.

Im Gegenzug hierzu gibt es aber auch verallgemeinernde und klischeehafte Sätze, über die ich beim Lesen gestolpert bin. Ein Beispiel möchte ich geben:

"Er sah so schwul aus, daß er als Verkörperung des Begriffs Homosexualität hätte gelten können." 
(Seite 565)

Mir ist klar, dass das Buch bereits ca. zwanzig Jahre alt ist. In meinen Augen ist es wichtig, dass queere Charaktere in Büchern vorkommen, um irgendwann dazu beizutragen, dass es "normal" ist und nicht als etwas "Besonderes" angesehen wird. Aber ich wünsche mir, dass diese Charaktere auf ganz natürlichem Wege eingebaut werden und dass es nicht durch solche Aussagen künstlich und falsch hervorgehoben wird. Die sexuelle Orientierung sieht man einem Menschen nämlich nicht an - egal wie sehr manche Menschen das denken. 

Ebenso negativ ist mir der Alkoholkonsum in diesem Buch aufgefallen. Dass Alkohol in der Literatur eine Rolle spielt, ist für mich an sich kein Problem. Aber in diesem Buch ist es wirklich extrem. In fast jeder Situation trinkt eine Person Alkohol, um "runterzukommen", "sich zu entspannen", weil "sie es gerade braucht", weil sie sich nun einmal "in Gesellschaft" befindet, weil es "gut tut" usw. Im Großen und Ganzen war mir das hier einfach zu viel. Ich habe das Buch in einer Leserunde gelesen und wir waren beim Lesen schon ganz benebelt ;-).

Zu viel war mir auch das Negative in diesem Buch. Es war so viel Negatives geballt vorhanden, dass es für mich als Leser teilweise sehr anstrengend war, das Buch zu lesen und der Geschichte zu folgen. Ich habe noch nie ein solch negatives Buch gelesen - nicht zu verwechseln mit schlechten Büchern. 

Es gibt diverse Süchte, die dazu beitragen, dass sich die Figuren übermäßig aggressiv oder ängstlich verhalten. Das Wetter ist schlecht oder die Protagonisten falsch angezogen. Es gibt Figuren, die permanent über alles und jede ihrer Situationen herumjammern. Das sind nur einige Beispiele. Es gab tatsächlich nur ca. zwei Szenen, die als positiv bezeichnet werden können, ansonsten war ALLES negativ. 

Leider war mir auch die Auflösung zu einfach. Zum Ende hin bedient sich Charlotte Link einer "Hinhalte-Taktik". Immer wenn ich dachte, nun die Auflösung zu erfahren, hat sie eine andere Situation richtig gestellt/weitererzählt. Somit wurde das Buch am Ende für meinen Geschmack unnötig in die Länge gezogen. Außerdem haben mich nicht alle Antworten auf offene Fragen befriedigt zurückgelassen. Hier hat es sich die Autorin in meinen Augen zu einfach gemacht, da hätte sie sich teilweise bessere Erklärungen einfallen lassen können. 

Insgesamt hat mir das Buch aufgrund des Schreibstils und der entwickelten Sogwirkung gut gefallen. Leider gab es zu viel Negatives in geballter Form und zum Ende hin eine Hinhalte-Taktik mit ein paar enttäuschenden Auflösungen, die nicht notwendig gewesen wären.

Für mich wird es definitiv nicht das letzte Buch der Autorin gewesen sein, denn ganz im Gegenteil steht Charlotte Link auf meiner Liste der Autoren, von denen ich alle Werke kennenlernen möchte. Ich hoffe nun, dass mich das nächste wieder mehr begeistern kann. Denn ich weiß, dass die Autorin das besser kann.

Bewertung
♥♥♥

Ich habe das Buch in einer Leserunde mit *Julia von Julias Sammelsurium* gemeinsam gelesen. In den Kommentaren der Leserunde gibt es SPOILER. Ich werde sie euch *HIER* verlinken für alle, die es interessiert.

Julias Rezension findet Ihr *HIER*. Zu einigen Punkten hatten wir verschiedene Meinungen, aber unsere Bewertung ist letztendlich ähnlich ausgefallen.

** unbezahlte Werbung**

2 Kommentare:

  1. Hallo Melli,

    du bringst es super auf den Punkt. Was die Sogwirkung und so weiter angeht, bin ich ja teils anderer Meinung, aber sonst bin ich da ganz bei dir.

    Ich muss ein bisschen schmunzeln, wenn ich wieder lese, dass alles so negativ war. Wenn man das Buch nicht kennt, denkt man doch wir übertreiben total. Aber es ist ja wirklich so.

    Meine Rezension ist dann jetzt übrigens auch endlich online.
    Wusstest du übrigens, dass es eine deutsche Verfilmung gibt? Von 2004. Ich habe dazu einen Link unter meine Rezension gepackt.
    Die würde ich mir gern mal ansehen, weil die Rahmenhandlung ein bisschen anders zu sein scheint. Die DVD gibt es für 40€ bei rebuy. Eine Frechheit.

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    Antworten
    1. Hey Julia,

      haha, ja, das stimmt, die Leute werden denken "so negativ wird es schon nicht sein" :D

      Von der Verfilmung habe ich schon gehört. Der Preis liegt wohl daran, dass es ein deutscher Film ist. Ich habe auch schon bemerkt, dass deutsche Serien horrende Preise haben. Mal sehen, vielleicht kommen wir trotzdem irgendwann dazu, ihn zu sehen :)
      Liebe Grüße Melli

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