"Books are uniquely portable magic." (Bücher sind einzigartige tragbare Magie.)
~Stephen King~

Montag, 18. August 2025

[Buchrezension] "Love with Pride" von Lea Kaib



- Fischer Verlag
- 2021 erschienen
- 373 Seiten
- Originalsprache: Deutsch
Triggerwarnung*: gibt es im Buch auf Seite 379
 
Inhalt
Stella beginnt ihr Studium in Haydensburgh und lernt dort Ellie kennen, die das Gegenteil von ihr zu sein scheint. Die beiden kommen sich näher...   
 
Meinung
Leider bin ich von dem Buch sehr enttäuscht. Ich hatte mir eine queere Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen erhofft, die sich langsam über das ganze Buch hinweg entwickelt und entfaltet.  
 
Stattdessen erschöpft sich das Buch bis zu ca. zwei Drittel in Wiederholungen und dem Versuch, einer Studierendenbewegung beizutreten, indem merkwürdige Mutproben bestanden werden müssen. Es mag sein, dass dies an bestimmten Universitäten so gehandhabt wird. Die so genannten Mutproben waren für meinen Geschmack allerdings an Kreativlosigkeit nicht zu überbieten. Allgemein mag ich keine Mutproben in der Literatur, aber auch die Umsetzung ist meiner Meinung nach leider nicht gelungen. Eine davon fand ich schlichtweg unrealistisch. Mehr dazu sage ich nicht, um nicht zu spoilern. 
 
Was ich nur sehr merkwürdig fand, war, dass die Studierendenbewegungen nur so lange eine Rolle spielten, wie die Aufnahmerituale dauerten. Danach gab es nur noch ganz kurze Szenen, aber keinerlei "Gemeinschaft", die sie doch eigentlich als Ziel haben. Da haben mir kreative Szenen gefehlt, wie es damit weiterging. Es wird nur darüber diskutiert, was man machen könnte
 
Zwei Nebenfiguren haben mich auch mit ihren kleinen Streitszenen total genervt. Ein Beispiel möchte ich geben. Die eine regt sich darüber auf, dass die andere einer Dritten beim Kürbisschnitzen hilft. Ernsthaft? Wo bleibt da der Gemeinschaftsgedanke? Natürlich sind die Anwärterinnen quasi Konkurrentinnen. Das war mir aber zu übertrieben. Am Ende werden diese sich wiederholenden Streitgespräche dann auf eine Art gelöst, die ich als völlig an den Haaren herbeigezogen empfand. Aber das ist wohl Geschmackssache.  
 
Enttäuscht bin ich ferner davon, dass "Love with Pride" weder Love noch Pride beinhaltet. Ja, es gibt eine Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen. Den ersten Kuss allerdings gibt es auf Seite 320 von 373 (!). 
 
Es gibt Kapitelüberschriften mit "Davor" und "Danach" und in letzteren gibt es zwei angedeutete Sexszenen (die nicht detailliert ausgeschrieben sind - für alle, die das wissen müssen). Allerdings werden hier keine Namen verwendet und wenn ich den Klappentext nicht gelesen hätte, wäre ich wohl sehr verwirrt gewesen. Denn zwei andere Frauen führen einen Dialog vor einer solchen Szene. Dann geht es plötzlich heiß her und ich fand das an dieser Stelle extrem unpassend. Das kam wie aus dem Nichts. Der Aufbau des Buches hat hier für mich ein Problem dargestellt. Denn ich lese gerne sich langsam entwickelnde Liebesgeschichten zwischen zwei Personen (Geschlecht ist mir egal), aber bitte "in richtiger Reihenfolge erzählt". Hier werden intime Szenen vorgegriffen, die an völlig unpassender Stelle quasi als Vorschau eingebaut werden - nur leider gibt es dann am Ende wiederum zu wenig davon.   
 
Es gibt für mich zu wenig Annäherung in dem Buch. Das Einzige, was die beiden bis Seite 320 machen ist, sich anzulächeln. Und die eine nennt die andere die ganze Zeit "Tollpatsch", was mich spätestens beim zweiten Mal schon total genervt hat. Ich hätte mitzählen sollen, wie oft das Wort vorkommt. Mir war das viel zu viel.  
 
Warum gibt es mir zu wenig Pride in dem Buch, wenn es doch am Ende zumindest einen Hauch von  Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen gibt? Was mir komplett gefehlt hat, war das innere Coming-Out von Stella. Irgendwelche Gedanken dazu wird sie sich doch gemacht haben. Immerhin erfahren wir aus ihrer Sicht die Dinge, so dass ihre Gedanken durchaus sehr stark thematisiert werden. Das sehen wir sehr schön bei ihren sozialen Ängsten. Diese sind sehr gut ausgearbeitet. Aber warum denkt sie dann so gar nicht über queere Themen nach? Sie muss sich gar kein Label geben, darum geht es mir nicht. Das Einzige, was angeteasert und sehr spät im Buch (für meinen Geschmack auch wieder sehr lahm) erklärt wird, ist ein Ereignis aus der Vergangenheit, weshalb sie Probleme hat, darüber zu sprechen. Aber sie muss doch für meine Begriffe irgendetwas darüber gedacht haben. Irgendetwas. Aber es gibt null queere Reflexion darüber. Das fand ich schade und es hat mir gefehlt. Denn gerade, wenn sie soziale Ängste hat, dürften jede Menge solcher Gedanken in ihrem Kopf sein. Das hat mir komplett gefehlt. Nich einmal, als Ellie sich ihr gegenüber outet, sagt oder denkt sie dazu irgendetwas. Das fand ich sehr enttäuschend. 
 
Was mir ebenso komplett fehlt, ist Inhalt zum Thema Freundschaft. Denn ja, Sue und Stella sind Mitbewohnerinnen und reden ab und zu miteinander, aber dann sind sie plötzlich beste Freundinnen. Sue ist extrem verständnisvoll und hat Stella eigentlich gar nicht als Freundin verdient. Denn es gibt eine Szene, da lässt Stella sie einfach stehen und da haben wir wieder etwas, was ich in Büchern nicht mag: Wenn nicht miteinander geredet wird.
Ein weiterer Freund (Chris) ist auch plötzlich als solcher benannt. Dabei gibt es nur am Anfang des Buches noch gemeinsame Mittagessen o. Ä., später wird so etwas überhaupt nicht mehr erzählt. Da wurde meines Erachtens auch viel Potenzial verschenkt. Chris ist ja so ein toller Freund, aber sie reden einfach 200 Seiten gar nicht miteinander, bevor Stella ihn dann etwas fragt, was laut meinem Verständnis von der Zeit in dem Buch schon Monate zurücklag. Sehr unglaubwürdig.  
 
Normalerweise vergleiche ich Bücher nicht miteinander. Aber weil ich es kurz vor diesem Buch beendet habe und weil es (ohne dass ich das zuvor wusste) so viel Ähnlichkeit gibt, die völlig anders umgesetzt wurde, möchte ich doch einen Versuch wagen. 
 
In "Loveless" von Alice Oseman haben wir auch einen Studienbeginn der Protagonistinnen und eine Pflanze, die einen Namen trägt. Wir haben Freundschaft und queere Liebe (wenn auch bei Georgia, der Protagonistin aus "Loveless", nicht im eigentlichen Sinn, denn sie ist asexuell). In "Loveless" gibt es mit dem Shakespeare-Theaterkurs eine tolle Idee, denn das zieht sich durchs gesamte Buch und trägt zur Geschichte bei. In "Love with Pride" fehlt auch komplett der Inhalt zu den gewählten Studienkursen. Die Kurse werden zwar benannt, aber es gibt keinerlei Informationen zu den behandelten Themen. Hierzu müssen nur immer "Hausaufgaben" erledigt werden, die nicht weiter benannt sind (und wenn, ist es nebensächlich und mir nicht erinnerlich). 
 
Am wichtigsten ist jedoch, dass die Dynamik der Figuren in "Loveless" eine völlig andere ist. Da wird Freundschaft und queere Liebe richtig lebendig und sehr gut dargestellt. Hier hat mir die Dynamik vollständig gefehlt.  
 
Zum Abschluss möchte ich noch etwas Positives zu "Love with Pride" sagen. Es versucht, divers zu sein und auf eine Art ist es das auch. Allerdings wird auch permanent die vegane Ernährung erwähnt. Gegen vegane Ernährung habe ich nichts, aber warum setzt sich die Protagonistin dann nicht dafür ein, dass es eine dauerhafte vegane Salattheke mit Falafel usw. und anderen veganen Gerichten in der Mensa gibt, anstatt sich ständig darüber zu beklagen, dass ihr das fehlt? Sie stellt vegane Ernährung dadurch eigentlich sehr negativ dar... so habe ich es jedenfalls empfunden.
 
Leider, leider war das nicht mein Buch.  
 
Bewertung

*Triggerwarnungen sind meiner Meinung nach wichtig, deshalb werden sie ab sofort in meinen Rezensionen erwähnt, um Leser:innen zu schützen. *HIER* sind meine Gedanken dazu 

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